Versuchen die 80 Millionen (Stand 2017) in der Türkei lebenden Menschen, die türkische Lira gegen die harten Währungen Euro und Dollar umzutauschen? Erdogan verlangt von seinem Volk, dass diese ihre harten Währungen gegen die türkische Lira umtauschen, damit eine weitere Abwertung der Lira verhindert wird. Der Wertverlust der Lira betrug innerhalb von sechs Monaten (Stand 17. August 2018) ca. 45,91 Prozent (USDTRY).
Bei der jüngsten Kabinettsumbildung im Juni hat Erdogan den Finanzminister Mehmet Simsek entlassen und seinen Schwiegersohn Berat Albayrak für diese Position platziert. Albayrak verkündete mitten in der Krise ein neues, nachhaltigeres Wirtschaftsmodell. Er konnte die Märkte allerdings aufgrund fehlender Konkretisierung nicht überzeugen. Das neue Modell beinhaltet die Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank vom Staat und soll die Staatsausgaben reduzieren, sowie die Inflation bekämpfen. Albayrak wirft dem Westen vor, die Türkei bewusst zu schwächen: „Der Westen setzt Euro und Dollar als Waffen gegen die Türkei ein.“
Der Kurs der türkischen Lira erholte sich, nachdem die türkische Zentralbank den Kreditinstituten eine ausreichende Liquiditätsversorgung in Lira zugesagt hat. Dafür würden beispielsweise an Tagen mit hohem Finanzierungsbedarf mehrere Rückkaufaktionen von Seiten der Zentralbank durchgeführt. Zudem wies die Zentralbank darauf hin, dass zusätzlich zum US-Dollar auch Euro zur Lira-Absicherung genutzt werden könnte.
Was hat dazu geführt, dass sich die Türkei in Richtung einer Schulden- und Wirtschaftskrise bewegt? Sind die milliardenschweren Investition in die Infrastruktur in der Türkei, das niedrige Zinsumfeld und die starke Kreditvergabe Gründe für die Überhitzung der türkischen Wirtschaft?
Als Auslöser der Krise könnte der Streit zwischen den USA und der Türkei aufgrund der Festnahme des amerikanischen Pastors Andrew Brunson angenommen werden. Brunson sitzt seit Oktober 2016 wegen Spionage- und Terrorvorwürfen im türkischen Hausarrest und Trump dringt seither auf seine Freilassung. „Wir werden nichts für die Freilassung eines unschuldigen Mannes zahlen. Aber wir setzen bei der Türkei nach.“ so Trump auf Twitter. Aufgrund dieser Entwicklung entschied sich Trump Anfang August, Sanktionen gegen den türkischen Justiz- und den Innenminister zu verhängen. Zudem verdoppelte er die Höhe der Zölle auf türkische Stahl- und Aluminiumimporte, weshalb die Lira-Krise sich verschärfte. Erdogan rief daraufhin das türkische Volk auf, die harten Währungen in türkische Lira umzutauschen, amerikanische Elektrogeräte wie beispielsweise Apple zu boykottieren und er ließ zudem ebenfalls Zölle auf amerikanische Produkte erheben. Betroffen sind amerikanische Autos (120 Prozent), Alkoholika (140 Prozent), sowie Tabak (60 Prozent) und Kosmetika.
Die Entwicklung der „Türkei-Krise“ ist von weltweiter Relevanz und es bleibt abzuwarten, ob die Staatsherren Trump und Erdogan das Risiko friedlich beenden werden oder ob uns eine weitere Staatspleite wie in Griechenland bevorsteht.