Coronavirus – Der nächste Störfaktor für das Wirtschafswachstum und die Märkte | Konjunkturrückblick mit Markus Mitrovski, Januar 2020

Konjunkturrückblick mit Markus Mitrovski | Leiter Research und stellvertretender Leiter Portfoliomanagement und Handel, AMF Capital AG | www.amf-capital.de

Die Märkte befinden sich im Moment im Griff des Coronavirus. Viele Anleger fühlen sich an 2002 erinnert, als China der Ausgangspunkt für den Ausbruch des SARS-Virus war. Damals kam es weltweit zu 8.000 Infizierungen und 800 toten. Der Schaden für die Wirtschaft bezifferte die Weltbank und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf rund 30 Mrd. USD. Der Anteil des chinesischen BIP an der Weltwirtschaft lag zu dieser Zeit jedoch nur bei knappen 5%, heute sind es 16,5%. Um die chinesische Wirtschaft zu stützen hat die People’s Bank of China (PBOC) den Markt mit Liquidität in Höhe von 1,2 Bio. Yuan (ca. 173,8 Mrd. USD) versorgt. Die Notenbank hat das Geld in Form von umgekehrten Repogeschäften zur Verfügung gestellt. Dabei kauft die PBOC den Banken Wertpapiere ab und pumpt dadurch Geld in den Markt. Hierdurch erhöht sich kurzfristig die Geldmenge im Wirtschafssystem. Es dürfte nicht die einzige Maßnahme bleiben, welche ergriffen wird – es wurde u.a. eine Senkung des Leitzinses in Aussicht gestellt.

Die Berichtssaison in Europa und den USA ist in vollem Gang: Die Q4-Zahlen von bisher 56% der S&P-500-Unternehmen liegen vor. Das Wachstum bei den Umsätzen konnte um rund 1,93% zulegen, während die Gewinne ein leicht negatives Bild zeigen. Die Zahlen liegen jedoch über den Erwartungen der Analysten, die Umsätze kamen mit +1,05% und die Gewinne mit +5,55% besser rein als erwartet.

In der Eurozone haben 31% der Stoxx-600-Firmen ihr Zahlenwerk präsentiert, hier lag das Gewinnwachstum bei -5,66% und das Umsatzwachstum bei -1,16%. Während die Umsätze um -1,50% schlechter ausfielen als erwartet wurde, lagen die Gewinne mit +5,80% über den Erwartungen am Markt.

Konjunktur

Wie das Statistikamt Eurostat mitteilte, lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Eurozone im vierten Quartal 2019 bei +0,1% (VQ: +0,2%; [e]: +0,2%). Besonders schwach zeigte sich die Wirtschaft dabei in Frankreich und Italien, hier war das BIP sogar um -0,1% bzw. -0,3% rückläufig. Nach der ersten Schätzung verzeichnete die Wirtschaft damit ein Wachstum von 1,0% (VJ: +1,2%) im Vergleich zum Vorjahr. Hauptgrund für das schwächere Wachstum lag in dem gebeutelten Industriesektor, der vor allem unter dem Handelskonflikt litt, sowie dem Strukturwandel in der Automobilbranche.

Beim internationalen Weltwirtschafsgipfel in Davos hat der internationale Währungsfonds (IWF) seine überarbeiteten Prognosen für das Weltwirtschaftswachstum in den kommenden Jahren präsentiert. Für das laufende Jahr wird nur noch von einem Wachstum von +3,3% (zuvor: 3,4%) ausgegangen. Im darauffolgenden Jahr erwartet der IWF dann einen leichten Anstieg auf +3,4 (zuvor: +3,6). Als Hauptgrund für die nach unten angepasster Prognose zog der IWF die Neubewertungen der Schwellenländer heran und stellte hier insbesondere Indien hervor. Dort habe sich der Konsum stärker abgeschwächt, was mit einem deutlich langsameren Anstieg der Einkommen auf dem Land begründet wird.

Die EZB hält ihren Kurs der expansiven Geldpolitik bei und lässt den Leitzins unverändert. Die Risiken des Konjunkturausblickes sieht die Notenbank eher nach unten gerichtet. Vor dem Hintergrund der weiterhin nur schwachen Inflation in der Eurozone hält die EZB eine äußerst akkommodierende Geldpolitik für einen längeren Zeitraum für angebracht. Aus den Umfrageergebnissen der EZB zum Kreditgeschäft der Banken (Bank Lending Survey) geht hervor, dass die Kreditnachfrage der Unternehmen im Euroraum im vierten Quartal zum ersten Mal seit sechs Jahren rückläufig ist. Der Rückgang war vor allem in Spanien und Frankreich zu beobachten, während die Nachfrage in Italien zulegen konnte. Die Ergebnisse dürften die EZB darin bestärken ihren Kurs einer ultralockeren Geldpolitik fortzusetzen. Es deutet daher weiterhin nichts darauf hin, dass wir mit steigenden Renditen rechnen müssen. 

Auch die Fed verzichtete bei ihrer Sitzung auf eine Änderung des Zinsbandes, das sich damit weiterhin in der Spanne von 1,5% bis 1,75% befindet. Der Satz für die Überschussreserven der Banken (IOER) wurde hingegen auf 1,60% (zuvor: 1,55%) leicht nach oben angepasst.

Die Stimmung bei den deutschen Unternehmen hat sich zu Jahresbeginn überraschend eingetrübt. Wie aus dem Ifo-Geschäftsklimaindex für Januar hervorgeht, ging das Barometer auf 95,9 Punkte (Vm: 96,3 Punkte; [e]: 97,0 Punkte) zurück. Die im Vorfeld befragten Analysten hatten hingegen mit einem Anstieg der Stimmung gerechnet, da mit dem Phase-Eins-Abkommen zwischen China und den USA sowie der Entwicklung rund um einen Hard Brexit zwei Belastungsfaktoren weggefallen waren. Für den Rückgang war vor allem die Erwartungskomponente verantwortlich, während die aktuelle Lage von den Unternehmen leicht positiver beurteilt wurde als im Vormonat.

Das Verbrauchervertrauen ist in Deutschland für den Monat Februar angestiegen. Die nachlassende Spannung im internationalen Handelsstreit sorgte dafür, dass der entsprechende Konsumklimaindex auf 9,9 Punkte (Vm: 9,6 Punkte; [e]: 9,6 Punkte) zulegen konnte. Als Exportnation ist es gerade für Deutschland wichtig, dass ein freier Warenaustausch möglich ist.

Auch in den USA ist die Kauflaune der US-Verbraucher gestiegen. Für Januar ermittelte das Forschungsinstitut Conference Board einen Anstieg des Index auf 131,6 Punkte (Vm: 126,5 Punkte; [e]: 128,0 Punkte). Die Konsumenten bewerteten dabei sowohl die aktuelle Lage als auch die Zukunftsaussichten besser. Der US-Konsum ist eine tragende Säule des US-Wachstums, er macht ca. 70% der dortigen Wirtschafsleistung aus. 

In China schwächte sich der Einkaufsmanagerindex im Januar auf 51,9 Punkte (Vm: 52,6 Punkte) ab. Überraschend ist der Rückgang dahingehend, dass es mit dem unterschriebenen Phase-Eins-Abkommen zu einer Annährung im Handelsstreit zwischen den USA und China gekommen ist und dies eigentlich zu einem positiven Effekt führen sollte. Zudem sind in den Daten die Auswirkungen des Corona-Virus noch nicht komplett enthalten, da dieser erst gegen Ende des Monats ausgebrochen ist.

Seien Sie gespannt auf unseren nächsten Konjunkturrückblick mit Markus Mitrovski.